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Badkonzept Gretel & Hänsel für AXOR, Messestand

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Fotos © Jochen Splett

Distinctive Styles & Personalities

Expertenfragen für Ushi Tamborriello

Während die Globalisierung voranschreitet und durch standardisierte Produkte und Einheitslösungen ein Gefühl der Gleichheit schafft, träumen die Menschen überall von persönlicheren Ausdrucksformen von Luxus und Stil. Doch wie lassen sich individuelle Vorstellungen von Luxus verwirklichen? Dieser Frage widmet sich AXOR mit Make it yours, einem neuen Ansatz für den Megatrend der Individualisierung.

1. Erzählen Sie uns von Ihrem Projekt für AXOR. Wie sind Sie zu dem Konzept gekommen? Was hat Sie inspiriert? Was waren, wenn es welche gab, Ihre Inspirationen oder Einflüsse?

Die neuen Produkte von AXOR kreisen um die Begriffe der Individualität, der Personalisierung, letztendlich um die Persönlichkeit des Nutzers. Unser Atelier sollten diese Produkte in Szene setzten. Klar stand die Auseinandersetzung mit den Fragen: «Wer oder was ist eine Persönlichkeit? Was macht Sie aus? Gibt es zu generalisierende Eigenschaften die künstlerisch zu reflektieren wären?» sofort im Zentrum. Für uns war schnell klar, dass wir uns szenografisch am besten einer «erfundenen Individualität» nähern können. Mit dieser Erkenntnis öffneten sich Welten, ein erzählerisches Motiv reihte sich an das nächste. Die Vielfalt der neu möglichen Materialien der Armaturen, der Waschtische, der Accessoires inspirierte uns; die dunklen Hölzer, Bronze,Marmor. Die Steinbrüche von Carrara wurden Thema, Michelangelo und seine Idee der Befreiung der Skulptur aus dem Stein stand motivisch im Raum. Eine andere konzeptionelle Annäherung lag in der Übersetzung der Armaturenserie ins Räumliche und generierte eine überdimensionale, riesige begehbare Installation, die aber doch eben nur eine Armatur war – der Scheinriese Tur Tur aus Michael Endes Erzählungen zu Jim Knopf stand Pate. Letztendlich war es aber der Schwarzwald, Sitz des Unternehmens, mit seinen vielen, manchmal dunkel angehauchten Erzählungen wie «Das kalte Herz» von Wilhelm Hauff, der dann zum ikonografischen «Waldmärchen» Hänsel und Gretel führte.

2. Was sind die markantesten Merkmale, Elemente oder Eigenschaften des Projekts?

Uns reizte zweierlei: das Erzählerische und das Räumliche. Zum einen wollten wir diese im kollektiven Gedächtnis verankerte Geschichte von Hänsel und Gretel neu denken, modern denken. Daraus wurde „Gretel und Hänsel“, ein Geschwisterpaar mit Geschichte, das das Hexenhäuschen überwunden hat und sich nun im Hier und Heute ein Bad teilt, ein Bad das die beiden unterschiedlichen Persönlichkeiten jeweils unterschiedlich reflektiert. Zum anderen war uns räumlich ein klarer Parameter von 15 qm Grundfläche gesetzt. Und diese 15 qm wollten wir durchdacht und innovativ bespielen. Für die Raumhöhe gab es keine generelle Einschränkung und so entwickelten sich unsere konzeptionellen Überlegungen in die dritte Dimension – wir bewegten uns im Raum nicht nur von vorne nach hinten, von rechts nach links, sondern auch von unten nach oben; eine Bewegungsrichtung, die wiederum dem erzählerischen Schwarzwald Motiv sehr entsprach.

3. Erzählen Sie uns etwas über die "Persönlichkeit" der Person(en), für die Sie dieses Projekt entworfen haben.

Es war einmal….

Über das ausgesetzte, verarmte Geschwisterpaar samt Hexenbegegnung muss ich wohl nicht mehr viel erzählen. Spannend fand ich schon immer den Gedankenwas aus Gretel und Hänsel und ihrem Schatz wohl geworden wäre. Ein schönes Bad – nach den Erfahrungen im Pfefferkuchenhaus – wäre wohl sicher Teil eines neuen Lebens gewesen. Heute also hätte sich Gretel natürlich ihren alten Zopf abgeschnitten, der hängt nun diskret als Haarteil hinter einer der elegant gleitenden Wandschiebetüren. An das grosse Abenteuer im Wald und ihr mutiges Handeln erinnert sie sich gerne, besonders dann, wenn sie sich ihr Lebkuchen Peeling im Bad aufträgt. Überhaupt: der Bezug zum Wald, zur Natur ist ihr geblieben. Nachhaltiges Sein und Handeln ist für Gretel essenziell. Ganz anders Hans, von ihr schelmisch immer wieder Hänsel genannt. Er quält sich mit seinen traumatischen Erfahrungen im Hexenkäfig. Gerne steigt er in sein versenktes, wohlig warmes Wasserbad mit einem Buch und vertieft sich in das verworrene Konstrukt der menschlichen Seele. Noch heute hat er als Erinnerung an das Knöchelchen, das ihm damals mit das Leben rettete, heimlich ein Faltbein als Glücksbringer in der Anzugtasche. Allein das Eintauchen in das warme Nass und der frische Duft der Bergamotte – weit weg von Wald und Lebkuchen – schenken ihm Vergessen und lassen sich ihn in das Land träumen, in dem die Zitronen blühen.

4. Wie, wenn überhaupt, spiegelt sich die Persönlichkeit dieser Person in dem Entwurf wieder?

Wir haben ja das Vergnügen mit zwei Persönlichkeiten arbeiten zu dürfen. Diese Dualität prägt den gesamten Entwurf. Der lichte, weisse Marmor der Seitenwände kontrastiert mit der Schwere und Eleganz des schwarzen Marmors an Boden, Decke und Rückwand. Auch räumlich gibt es eine Zweiteilung der Funktionsbereiche: im vorderen Teil des Bades ist das Frischmachen für den Tag verortet, Zähneputzen, Rasieren, Schminken Gesichtspflege, im hinteren Bereich das Abtauchen ins Nass, Reiniungs – und Baderituale für den ganze Körper im geschützten Raum. Und natürlich wurden dem Paar unterschiedliche Produkte aus der Axor Serie zugeordnet: das runde Becken mit polierten Red Gold und Nussbaum Deckplatte der Armaturen für Gretel, das eckige Becken mit gebürstetem Black Chrome und Schwarzglas Abdeckung für die Armaturen bei Hans – oder doch vielleicht umgekehrt?

5. Welche Herausforderungen gab es bei diesem Projekt, und wie haben Sie sie bewältigt?

Erst einmal war es ein großes Vergnügen gemeinsam mit allen involviertenProjektteilnehmern an dieser Thematik arbeiten zu dürfen. Das Ergebnis ist auch dieser kongenialen Zusammenarbeit geschuldet. Das Bearbeiten dieser sensiblen Nahtstelle zwischen Ausstellung, Installation und klassischer Innenarchitektur erforderte eine tiefe Auseinandersetzung mit der Materie, um der Versuchung zu widerstehen, einen bloßen Effekt, einen schnell verbrauchten Hingucker zu etablieren und dennoch nicht im Gewöhnlichen zu enden. Unser Ziel war es, das Projekt in eine belastbare räumliche Aussage zu führen, die zwar poetisch aber auch den Stürmen des Alltags gewachsen ist.

6. Wie war es, mit der Kollektion AXOR MyEdition in Kombination mit den Produkten von AXOR Suite Basins & Bathtubs, AXOR Shower Composition, AXOR Drains und dem AXOR Universal Rectangular Zubehörprogramm zu arbeiten?

Für uns war es sehr spannend Armaturen in bisher ungeahnten Materialien zu denken: in Nussbaum, in schwarzem Marmor, in Leder. Als Akzent und / oder harmonisch verwoben mit dem räumlichen Konzept. Durchgängig aufeinander abzustimmen bis zu den Accessoires. Die mögliche Vielfalt ist derart berückend, dass wir uns entschlossen, so viel wie möglich davon sichtbar machen zu wollen, die Adaptionsfähigkeit zum Ausdrucksmittel werden zu lassen. Dafür bot die Unterschiedlichkeit der beiden Charaktere, für die dieses Bad entwickelt wurde, natürlich eine wunderbare Vorlage.

7. Was ist Ihre "Philosophie" der Badgestaltung im Allgemeinen? Was sollte ein Badezimmer sein oder welchen Zweck sollte es erfüllen (oder nicht sein/welchen Zweck nicht erfüllen)? Welchen Ansatz verfolgen Sie bei der Gestaltung von Bädern?

Das ist so spezifisch für das Bad gar nicht zu beantworten. Es liegt wohl immer unsere generelle Haltung zur Gestaltung dieser Annäherung zugrunde. Vielleicht spielt das Sinnliche eine noch größere Rolle im Bad, aber sonst gelten unsere gestalterischen Grundsätze, die nach der Stimmigkeit des gebauten Raumes suchen: dem authentischen Zusammenspiel von Proportion, Licht, Form, Material und Farbe, das die Identität des Ortes stärkt und den Raum für vielfältige, bereichernde Begegnungen öffnet. Grundsätzlich nehmen natürlich die Verletzlichkeit, die Vulnerabilität, das zurückgeworfen Sein auf den entblössten Körper, die haptischen Erfahrungen des über die Haut rinnenden Wassers, die Düfte, der Klang des fliesenden Nass, die Lichtreflexionen dieses Elements eine grosse, relevante Bedeutung für die Gestaltung von Badewelten etwelcher Grösse ein. Unser Beitrag zur Nachhaltigkeit besteht dabei vor allem darin zeitlose Räume zu schaffen, die technisch, funktional und formal einen längeren Zeitraum überdauern – darin liegt wohl auch die Qualität der neuen «make it yours» Linie von Axor.

8. Wie verstehen bzw. interpretieren Sie den Trend zur "Individualisierung" bzw. zum "individuellen Luxus", insbesondere in Bezug auf das Bad?

Der Begriff der Individualisierung scheint mir recht überstrapaziert und im momentanen Weltengefüge fast heikel im Gebrauch. Individueller Luxus liegt meines Erachtens nicht unbedingt in der dinglichen Erscheinung, sondern vor allem im erkennenden, respektvollen Erleben. Prägnant formuliert: wesentlich ist nicht unbedingt Grösse, Oberfläche und optische Ausformulierung dieses Raumes, sondern die Möglichkeit genussvoll darin Verweilen zu können. Das hat sicherlich mit dem Angebot zu tun das mir das Badezimmer bietet aber auch mit der Zeit, die mir bleibt oder die ich mir nehme dieses Angebot bewusst zu geniessen und wertzuschätzen.

9. Wie lassen Sie die individuellen Wünsche und/oder den Charakter eines Kunden in Ihre Badgestaltung einfließen?

Unsere Bauherren sind immer in die Entwicklung des Räumlichen eng mit einbezogen; es ist die lebendige Interaktion aller Projektbeteiligten, die das stimmige Ergebnis generiert. Man muss sich respektvoll begegnen und sich aufeinander einlassen, zuhören, austauschen, Unsinniges zulassen, um das Richtige zu finden.

10. Welche Rolle spielt die Farbe bei der Individualisierung, und wie gehen Sie bei der Arbeit mit Ihren Kunden an dieses Thema heran?

Die Farbe ist ein zentrales Mittel, das uns Gestalter zur Verfügung steht. Bei uns im Atelier entwickelt sie sich meist selbstverständlich aus dem Gesamtkontext des Projektes heraus. Die Eigenfarben der Materialien spielen eine wichtige Rolle, gerade im Bad oder SPA Bereich, wo die Materialität zentralen funktionalen (Rutschhemmung,Reinigung, Wasser, Dampf) wie auch formalen Aspekten (sinnlich, schützend, wohltuend, reinigend) Rechnung tragen müssen. Aus diesem Klang heraus entwickelt sich die Farbfindung unterstützend oder kontrapunktisch, dem Ort und dem Nutzer immer stark verbunden.

11. Was macht ein Projekt unverwechselbar?

Es ist nicht so wichtig aufzufallen, wichtiger ist es in Erinnerung zubleiben.

12. Was ist Ihre persönliche Vorstellung oder Definition von Luxus? Was ist für Sie individueller Luxus?

Für mich persönlich bedeutet es, mir ein Stück frei verfügbare Zeit zu bewahren, ungerichtet, ohne einen bestimmten Zweck und ohne dabei nach Effizienz oder Selbstoptimierung zu streben. Es geht dabei um Muse, ums Loslassen, um Zeit für das freie Spiel der Gedanken, das selbstbestimmte Sein.

13. Was treibt Sie bei Ihrer täglichen Arbeit als Innenarchitektin an?

…das frage ich mich selbst auch immer wieder. Defacto ist: etwas treibtmich an. Der Raum übt auf mich immer wieder die gleiche Faszination aus wie schon vor vielen Jahren. Und ich geniesse das sehr; es ist ein Geschenk. Immer getreu dem Motto: die schönsten Orte der Welt sind schon besetzt, man kann also nur noch neue erfinden ;-)

14. Welche zusätzlichen Bedürfnisse sehen Sie in unserer zunehmend globalisierten Welt? Wie kann AXOR in Zukunft noch besser auf die Bedürfnisse von besonderen Talenten wie Ihnen eingehen?

Ohne Zweifel steht die Welt vor grossen Herausforderungen. Dabei nimmt der Umgang mit unserem Wasser eine lebenswichtige Rolle ein. Axor respektive hansgrohe hat bereits einiges zum Thema Wasserreduktion und Armaturen vorgelegt, ich denke hier darf man sortimentsübergreifend noch weiterdenken. Auch in der Produktion ist sicherlich der schonende Umgang mit Ressourcen eine grosse Aufgabe, die sich stellt und an der das Unternehmen bereits erfolgreich arbeitet. Dennoch bleiben auch hier Herausforderungen: Welche Materialienwerden von welchen Gegenden der Erde eingesetzt? Wie ist die Armatur zu recyceln? Ist sie vom Design her so gedacht, dass die einzelnen Materialien einfach voneinander getrennt werden können? Lassen sich die so gewonnen Materialien nochmals verwenden? Auch der Wasserhaushalt selbst, vom Frischwasser bis zum Abwasser bzw, dessen Aufbereitung sollte als gesamtheitliches Thema Eingang in unternehmerische Betrachtungen finden. Das Wasser zu schützen, es für alle zugänglich zu halten, die Menschen für dieses kostbareGut zu sensibilisieren – das wäre ein wichtiges Engagement für unsere Zukunft bei dem ich das Unternehmen Axor / hansgrohe gerne im Lead sehe.

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